Lotte an Werthers Grab
Beschreibung
Mit den »Leiden des jungen Werthers« (1774) erzielte der junge Goethe einen so überwältigenden Erfolg, dass in Kürze Nachdrucke und Übersetzungen folgten (französisch 1776, englisch 1779), eine Fülle von Illustrationen entstand und die Rezeption eingängiger Motive in Kunstgewerbe und Alltagskultur florierte. Remstaedes etwas unbeholfene Darstellung von Lotte, die in trauernder Haltung an Werthers Grabmal lehnt, belegt, dass auch dilettierende Künstler die Thematik aufgriffen. Das Trauer-Motiv kommt im Roman nur in einer Vision Werthers vor, fand aber, ausgehend von englischen und französischen Illustrationen, weite Verbreitung. Ausgangspunkt war ein 1783 datierter Stich von John Raphael Smith, der in steifer Manier Lotte mit einem Strohhut in einem Hain vor einem Grabmal mit Urne darstellt (1783; FDH, III-01389). Eine anmutigere Variante des sentimentalen Sujets ziert einen Fächer mit Deckfarbenmalerei aus der Zeit um 1790 (FDH, III-15023), dessen zentrale Figuration genau derjenigen von Remstaede entspricht. Stilistisch gleicht er der Meißner Porzellanmalerei mit Werther-Motiven, die um 1790 entstand. Wahrscheinlich gehen beide Versionen auf dieselbe Vorlage zurück.(Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 225)