Grafik "Castrum Doloris Kaysers Leopoldi I. aufgerichtet in der Agustiner Hoff=Kirchen bey der Loretten Capell in Wien den 7. Iuny 1705"

Beschreibung

Kupferstich von Benjamin Kenckel (1681-nach 1717) mit der Abbildung eines der temporären Scheingräber für Kaiser Leopold I. HRR (1640-1705), hier in der Loretokapelle der Wiener Augustinerkirche. Der prunkvolle barocke Entwurf von Johann Lucas Hildebrandt (1668-1745), seit 1701 kaiserlicher Hofingenieur, bestand aus einem quadratischen, tempelartigen Mittelbau, dessen Kuppel die Kaiserkrone wiedergibt. Ein Engel hält das Portaitbildnis des Kaisers in der Hand, umgeben vom Göttlichen Licht. Der Bau ist mit zahlreichen Figuren besetzt, zumeist Engel oder allegorische Frauen- und Männerstatuen, die Fackeln halten. Ihr Rauch symbolisiert die zum Himmel aufsteigende Seele. Ein Engel bläst Posaune, der Ruf zum Jüngsten Gericht, das über die Aufnahme der Seele des Verstorbenen in den Himmel entscheidet. Die Inschriftentafel an der Front ist von Memento-Mori-Symbolen umgeben, Schädeln mit gekreuztem Gebein, zwei Sensen und einem Stundenglas. Der Hauptbau ist von vier freistehenden Säulen umgeben, die bekrönte Adlerfiguren tragen und an die römische Trajansäule erinnern. Die Adler wachen über die Fahnen der unter Leopold I. eroberten Gebiete, über Teile einer Rüstung und verschieden Waffen, und inszenieren den Verstorbenen als bedeutenden Krieger. Der im tempelartigen Bau aufgebahrte Scheinsarg (Kenotaph) trägt die Kaiserkrone und wird von vier Adlern bewacht, Wappentiere für das Heilige Römische Reich. Die unzähligen Kerzen, die am Trauergerüst angebracht sind, verweisen auf eine frühere Form der Aufbahrung, die "Chapelle ardente", eine durch zahllose Lichter erhellte Kammer oder Kapelle. Diese Trauergerüste waren streng durchdachte Kompositionen, die Leben und Werk des verstorbenen Herrschers in geeigneter Form verbildlichten. Da sie nach einer gewissen Zeit wieder abgebaut wurden, war ihre bildliche Dokumentation eine wichtige Maßnahme, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Die Grafik ist am unteren Bildrand signiert, links: "Joh: Luca Hildebrand Kayse[rlicher]. May[estätischer].: Hoff Ingenier Inventor", rechts: "Benjamin Kenckel sculpsit Franckofurt"

Material & Technik
Papier / Kupferstich
Abmessung & Dimension
40 x 34,5 cm