Muschel mit Adlerklaue auf Halbkugel
Beschreibung
Die kunstvoll gestaltete Schale gehört zweifellos zu den Kuriositäten der Sammlung. Doch was verbirgt sich hinter diesem außergewöhnlichen Objekt? Bei der Schale handelt es sich um eine aufklappbare Mördermuschel der Gattung Tridacna, deren imposante Form wohl eher dekorativen als praktischen Zwecken diente. Sie wird bekrönt von einem kleinen Bronzeadler und ruht auf einem kunstvoll gestalteten Sockel, der die Form einer bronzenen Adlerklaue aufweist. Deren Krallen umgreifen eine goldene Halbkugel, die unten mit einem Reif mit (Eichen?)Blattfries versehen ist. Montiert ist das Ensemble auf einer quadratischen Grundfläche mit patinierter Kupferlegierung und Holzkern. Ein zugehöriges Pendant aus derselben Sammlung des Bad Homburger Schlosses weist denselben Aufbau auf, präsentiert aber anstelle einer Mördermuschel mit Adlerfigur eine Meeresschnecke (Inv.-Nr. 4.7.241). Die Werke fügen sich harmonisch in die Tradition der Wunderkammern oder Kuriositätenkabinette des 16. und 17. Jahrhunderts ein. Diese umfassten häufig naturhistorische Objekte, Kunstwerke, antike Artefakte und wissenschaftliche Instrumente. Greifvogelklauen als Standfüße lassen sich etwa bei Andrea Briosco, genannt Riccio, im frühen 16. Jahrhundert nachweisen (vgl. Wien, Kunsthistorisches Museum, Kunstkammer, Inv.Nr. 5935 und München, Bayerisches Nationalmuseum, Kunst- und Wunderkammer Burg Trausnitz, Inv.Nr. D 2129). Auch für opulente Trinkgefäße, bei denen Muscheln mit feiner Goldschmiedekunst kombiniert wurden, lassen sich süddeutsche Beispiele aus dem späten 16. Jahrhundert anführen (vgl. Wien, Kunstkammer, Inv.Nr. 6863; London, British Museum, Inv.Nr. WB.114). An diese Traditionen wird hier offenbar angeknüpft, wenngleich unser Objekt wohl kaum als Gefäß, sondern nur der Repräsentation diente. Entstanden ist es vermutlich im ausgehenden 19. Jahrhundert oder frühen 20. Jahrhundert. Eine in Teilen unleserliche Inschrift auf der Innenseite der Halbkugel des Pendants nennt mit 1908 vermutlich das Jahr einer (Neu?)Vergoldung, die man in Frankfurt hatte vornehmen lassen. Die aufgesetzte Adlerfigur und der Standfuß in Form einer Adlerklaue könnten als eine Anspielung auf das preußische Wappentier zu interpretieren sein. Möglich also, dass es sich um Aufträge durch bzw. für das preußische Königshaus handelt.