Etagenkästchen
Beschreibung
Bei dem hier gezeigten Objekt handelt es sich um ein Etagenkästchen, das in seiner Form einen japanischen Picknickbehälter nachahmt, der als (sage-)jûbako bekannt ist. Die drei gestapelten Schachteln, von denen die oberste einen gefalteten Deckel hat, stehen auf einem Tablett mit Tragegriff. Sie sind innen rot und außen schwarz lackiert und im Japonismus-Stil dekoriert. Das Dekor zeigt einzelne Blumen, Pflanzen, Bäume und drei Holzgitter, die von zwei Figuren, Vögeln, Insekten und Käfern belebt werden. Die Motive sind teilweise mit weiß-beigem Lack gemalt und anschließend mit Ölfarbe vergoldet, während die Bäume in zwei Grüntönen gehalten sind. Details sind mit rotem Lack akzentuiert, Binnenzeichnungen und Schattierungen teilweise lasierend mit (hell)brauner und schwarzer Farbe ausgeführt. In den Inventaren des Homburger Schlosses von 1869 und 1894 wird das Objekt als „chinesischer Theekasten“ bezeichnet. Es könnte sich um einen frühen Versuch der Landgräfin Elisabeth von Hessen-Homburg (1770-1840) handeln, japanisches Kunsthandwerk zu imitieren, insbesondere Lackarbeiten (auch Japanning genannt). Das Motiv des Holzgatters, das auf zahlreichen Zeichnungen Elisabeths zu finden ist, bekräftigt diese These. Das Stapelkästchen könnte bereits in England entstanden und von Prinzessin Elisabeth nach Homburg mitgebracht worden sein. Ihre Begeisterung für den japanischen Stil, oder das, was sie für japanisch hielt, wird in mehreren Werken deutlich (vgl. Inv.Nr. 4.7.124-134). Der sich darin zeigende "Japonismus" war im 19. Jahrhundert ein weit verbreitetes Phänomen, in dem die Faszination und der Einfluss japanischer Kultur, Kunst und Ästhetik auf die westliche Welt fassbar wird. Diese Strömung manifestierte sich in verschiedenen Bereichen wie Malerei, Literatur und Design. Aus heutiger Perspektive kann der Japonismus auch als eine Form der kulturellen Aneignung kritisch hinterfragt werden, denn westliche Künstler und Künstlerinnen verwendeten japanische Elemente oft ohne ein tiefes Verständnis für deren kulturellen Kontext. Dies führte zu einer Vereinfachung und Stereotypisierung der japanischen Kultur. Inwiefern der Japonismus die tatsächliche japanische Identität widerspiegelt oder ob er lediglich ein westliches Konstrukt ist, das den eigenen ästhetischen Bedürfnissen dient, ließe sich anhand dieses Objekts exemplarisch diskutieren.