Der sogenannte Hundertfächerschrank
Beschreibung
Der dreiteilige Schreibschrank aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, aufwendig und flächig mit vegetabilen Motiven und symmetrisch angeordneten Vogelpaaren in Intarsienarbeit verziert, ist in der Lokalgeschichte als "Hundertfächerschrank" bekannt geworden. In der Vergangenheit wurde das Möbel immer wieder mit einem angeblichen Brief des Landgrafen Friedrich V. von Hessen-Homburg aus den frühen 1780er Jahren an Friedrich Gottlieb Klopstock in Verbindung gebracht, in dem der Landgraf das Möbel als einen Schreibtisch beschreibt, "[...] den man den gotischen nennt, wo alles, was hineinkommt, vor vorlohren gehalten wird, und wo es mir peinlich ist, wenn ich drinnen suchen soll“. Der angebliche Brief ist jedoch quellenmäßig nicht belegt, so dass man sich seiner tatsächlichen Existenz nicht sicher sein kann. Unabhängig von dieser "Brieflegende" ist der Schrank nachweislich nach 1866 zusammen mit dem übrigen Aktenbestand in das neue preußische Archiv auf Schloss Idstein verbracht worden. Dort entdeckte ihn der Homburger Schlossherr Roth und brachte das qualitätvolle Stück zurück nach Bad Homburg, wo es bis zum 1. Juni 1872 von Tischlermeister Henneberg restauriert und wieder als Möbel in den kaiserlichen Wohnräumen verwendet wurde: zunächst im Arbeitszimmer, dann im Kurfürstenzimmer und schließlich unter anderem im Wohnzimmer. Möglicherweise im Zuge dieser Restaurierung durch Henneberg erhielt der Schrank seine schildförmige Bekrönung, die auf das Jahr 1743 datiert ist und unter einer Krone das von Fahnen umgebene Monogramm des Landgrafen Friedrich Jakob III. (1673-1746) zeigt. Die Motive wie Papageien und Tulpen des Schranks sprechen zwar dafür, das er für Friedrich Jakob gerfertigt wurde, der in der niederländischen Armee diente. Die abweichende Motivik der Einlegearbeiten auf dem Aufsatz, der zudem teilweise beschnitten ist, deutet jedoch darauf hin, dass er von einem anderen Möbel stammt. Die Bekrönung fügt sich zwar halbwegs harmonisch ein, verfälscht aber die Gesamtproportionen dieses Schreibschrankes, der im nahe gelegenen Mainz entstanden sein könnte, das damals als ein Zentrum der Möbelkunst galt.
Bezug zu Orten oder Plätzen
Hessen-Homburg