Prothese von Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg

Beschreibung

Es handelt sich bei dieser Beinprothese um ein Knieruhebein, das sich in Haltegurt, Oberschenkelschaft, Unterschenkel und Fußteil mit diversen Federn und Gelenken gliedert. Der Oberschenkelschaft besteht aus einem Eisenkorb, den eine dünne U-förmige Holzschale umgibt. Die Innenseite ist mit Schafswolle gepolstert und mit feinem Ziegenleder bezogen. Er ist über Eisenbänder mit dem Unterschenkelholzteil beweglich verbunden. Die Nahtstelle ist durch eine etwa 7 cm breite Hanfschnurumwicklung abgesichert. Der Unterschenkel besteht aus Leichtholzhalbschalen mit einer Wandstärke von ca. 8 mm und ist mit Knochenleim zusammengeklebt. Zwei horizontal verlaufende Holzdübel geben zusätzlichen Halt. Der Fußteil beinhaltet die Nachbildung des oberen Sprunggelenks. Die Gelenkflächen sind mit 1 mm starkem Messingblech belegt. Als Achse dient ein 8 mm dicker und 8 cm langer Metallstab mit einseitig versenkter Schraubenbefestigung. Eine Schneckenfeder, die sich im Ferseninneren befindet, hebt den Fuß um 15 Grad während des Gehens an. Im Bereich der Zehengrundgelenke gibt es ein weiteres Scharniergelenk. An den in den Mittelfuß hineinragende Holzzapfen ist eine Blattfeder angebracht, die die Zehen im Moment der Entlastung bis zur Neutral-Null-Stellung senkt. Die Spannung dieser Blattfeder kann von außen über eine Schraube an der Fußsohle reguliert werden. Die Beinprothese wird Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg (1633-1708) zugeordnet. Dieser wurde 1659 vor Kopenhagen in Kämpfen mit Dänemark schwer verwundet. Von einem Geschoss getroffen schnitt er sich das in Fetzen hängende rechte Unterbein selber ab und setzte nach Genesung seine blutige Karriere fort. Im Januar 1941 berichteten Zeitungen, dass sein berühmtes "silbernes" Bein - das keine Spuren von Silber enthält - in Darmstadt „zufällig wiederentdeckt“ wurde. Die Attraktion kam nach Bad Homburg. Das Baumwollgewebe und auch einzelne Schraubverbindungen, die noch im 19. Jahrhundert modern waren, schließen eine Entstehung zu Friedrichs Lebzeiten zwar nicht aus, lassen aber Raum für Spekulation. Die erste mechanische Prothese Friedrichs entwarf 1673-74 der Architekt Paul Andrich. Gefertigt wurde sie vom Hofdrechsler Berthold. Es wird vermutet, dass Friedrich ab dem Zeitpunkt seiner Verwundung (26 Jahre) bis zu seinem Tod (knapp 75 Jahre) aufgrund der Abnutzung insgesamt drei Knieruhbeine trug. In der Familie vererbt, gelangte eines in den Besitz der Fürsten Reuß ältere Linie und wird heute noch auf Schloss Burgk in Thüringen gezeigt.

Material & Technik
Linde und Pappelholz unter Verwendung von Metallblech, -federn, -stäben, Eisennägeln, Baumwolle und Leinengurte, Ziegenleder, Schafswolle, Zwirn
Abmessung & Dimension
H.: 98,0 cm, L.: Unterschenkel 53,0 cm, L.: Fuß 26,5 cm, Wadenumfang 39,0 cm, Fesselumfang 26,5 cm, L: Schultergurte 80,0 cm x 2,0 cm