Josephs Getreideverkauf in Ägypten

Beschreibung

Joseph sagte dem Pharao voraus, dass die Ägypter nach sieben fetten, kornreichen Jahren sieben magere Jahre des Hungers zu durchleben hätten. Da man daraufhin Vorräte anlegte, konnte eine schwere Hungersnot abgewendet werden. Der dankbare Pharao ernannte Joseph zum obersten Verwalter, und aus dem Sklaven wurde ein mächtiger Mann (1. Mose 41, 37–57). Trautmanns großformatige Komposition des »Getreideverkaufs« ist als zentrales Gemälde der Folge aufgefasst. Die vielfigurige Szene wird durch eine Architektur mit Treppen und Absatz in zwei Ebenen gegliedert. Oben, fast in der Mittelachse, steht Joseph als prächtig-orientalisch gewandete Figur, um den Getreideverkauf zu überwachen. Schreiber, Geldzähler und Soldaten, Eselstreiber mit Kornsäcken und eine verzweifelte Mutter mit weinendem Kind runden die Szene ab. Rechts überkreuzen sich ein belaubter und ein verdorrter Baum, worin eine Anspielung auf die fetten und mageren Jahre Ägyptens gesehen wurde (Keller 1981, S. 183f.). Das Gemälde ist sorgsam und effektvoll ausgeführt, Trautmann setzt effektvolle Glanzlichter und verwendet ein Kolorit aus fein gebrochenen Farben und reich nuanciertem Braun. Trautmanns Gemälde ist einer Bildform verwandt, die sich seit dem 17. Jh. für Darstellungen des »Getreideverkaufs« herausgebildet hatte und für die ein Kupferstich von Pieter Schenk d. J. (Abb. bei Gerstenberg 1914) oder eine Zeichnung Arent de Gelders als Beispiele stehen können (nach letzterer ein Reproduktionsstich von Anne Claude Philippe Comte de Caylus, 1757; Abb. bei Heuer 1922). Trautmanns Komposition folgt indes offenbar keinem unmittelbaren Vorbild. Einzig bei der Figur des Joseph greift Trautmann explizit auf Rembrandts Radierung »Der Perser« von 1632 zurück, wobei er die Kleidung verändert und prächtig ausschmückt [...]. Die luftige, kulissenhafte Bildarchitektur aus Treppen, einem Podest und einer baldachinartigen Bekrönung samt Arkade erinnert schließlich an Staffage-Architekturen in barocken Gartenanlagen, wie das von Johann Bernhard Fischer von Erlach entworfene »Belvedere« im Garten des Palais Liechtenstein in der Roßau bei Wien (als Kupferstich von Salomon Kleiner in: Das florierende Wien, Bd. IV, Augsburg 1737). (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 322) Illustrierte Textstelle: Bibel, Altes Testament, Genesis 41,37-57 Werkverzeichnis: Kölsch (1999) G 10 Erworben 1897 als Geschenk zur Eröffnung des Goethemuseums von Dr. Martin Schubart (1840-1899), München.

Material & Technik
Öl auf Leinwand
Abmessung & Dimension
225,7 x 135,2 cm